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Neutraler Maßstab für Werte und Leistungen

Copyright Helmar Kloss, 2008

                                                             

     Die Probleme der Weltwirtschaft hängen u.a. da­mit zusammen, dass die Maßstäbe für Waren und Leis­tungen – die Währungen – selbst Waren sind. So­wohl die sich aus der Weltwährungsfunktion des Dol­lars ergebenden Probleme als auch die in der Eu­ro­zone herrschenden Ungleichgewichte könnten ent­schärft wer­den, wenn auch für Waren und Leis­tungen ein wert­neu­traler Maßstab entwickelt würde.
     Geld ist ein Maßstab, mit dem der Wert von Pro­dukten und Leistungen gemessen wird. Geld ist selbst aber auch eine Ware, denn die Wäh­rungen der Länder dieser Erde wer­den ständig un­terschiedlich nachgefragt und bewertet. Zudem verlieren sie in unter­schied­licher Geschwindigkeit durch Inflation an Wert, je nachdem, was die Regierungen für die Sta­bi­lität der Landeswährung tun. In je­dem Fall ist der Maßstab für Werte von Pro­dukten und Leis­tungen variabel, wie es frü­her z.B. auch für Län­gen­maße galt, ehe das metrische System eingeführt wur­de. Eine Elle war bei einem großgewachsenen Schnei­der etwas anderes als bei einem Klein­wüch­sigen.
     Dadurch dass Wäh­run­gen genauso behandelt werden wie Wa­ren und die Nach­frage ihren Preis be­ein­flusst, sind sie als Maßstäbe für den Wert von Wa­ren und Leis­tungen ungeeignet, denn deren no­mi­na­le Werte schwanken aufgrund von zwei Arten von Ur­sachen: Zum einen, weil der Warenwert ent­spre­chend des Verhältnisses von Angebot und Nach­fra­ge schwankt; zum anderen weil das Maß schwankt, mit dem der Wert gemessen wird, weswegen das Messen natürlich nicht gut funk­tio­nie­rt. Ein Maß darf kei­ne Ware, son­dern muss beständig sein und imm­er wieder ge­eicht wer­den, um zuverlässige Mes­sun­gen zu er­mög­li­chen. Daher muss versucht werden, die Mess­funk­tion von Geld von der Wa­ren­funktion zu tren­nen.
     Wie könnte das ge­hen? Wie könnte der Warenwert relativ gerecht festge­legt werden?
     Es geht bei der Sache nicht zuletzt darum, Spekulanten zu ent­mach­ten. Wenn man weltweit eine feste Wert­ska­la für Waren hätte, könnte dadurch ein ge­rech­te­rer Aus­gleich zwischen reichen und armen Län­dern er­reicht wer­den. Nur wie sollen die Prei­se ermittelt werden? Man kann das nicht dem Markt überlassen, denn die Nachfrager sit­zen überwiegend in den rei­chen Län­dern und die Bie­ter und Lie­fe­ran­ten in den ar­men, weswegen Preise zurzeit nicht zuletzt ei­ne Macht­fra­ge sind. China kann die Preise erhöhen, weil es relativ au­tark ist, die armen Dritt­welt­län­der sind es nicht.
     Ich denke, es müsste mit Verrech­nungs­ein­heiten ge­arbeitet werden, die nicht vor al­lem markt­ab­hän­gig sind, oder wenn doch, dann auf ei­nem globa­len, durch inter­na­tio­nale Gremien kontrollierten Markt. Die Grundidee für so eine Verrech­nungs­ein­heit nenne ich “International Currency Unit“, kurz I.C.U. (à la ECU) oder auch “International Value Mea­sure“. Aufgabe des I.C.U. oder I.V.M. wäre es, die Schwan­kun­gen einzelner Währungen bei der Be­wer­tung von Wa­ren und Leistungen durch Algorithmen aus­zu­glei­chen, die aus den Kursen vieler Währungen ei­nen ver­gleichs­weise sta­bi­len I.C.U./I.V.M.-Kurs er­rech­nen.
     Rechnungen im internationalen Handel und die Ak­tienkurse inter­national tätiger Un­ter­nehmen soll­ten also nicht mehr nur in Euro, Dol­lar, Bri­ti­schen Pfund oder Schweizer Fran­ken aus­ge­stellt werden, um nur die wichtigsten Wäh­rungen zu nen­nen, sondern auch in I.C.U./I.V.M. Un­sicher­heiten durch Schwankungen der Kurse oben­genannter, aber auch weni­ger bedeu­ten­der, in die Berechnung des I.C.U./I.V.M. eingehender Wäh­rungen könnten da­durch nahezu völ­lig ausgeglichen werden. Bezahlt werden die Rech­nungen jedoch nach wie vor in einer realen Währung in deren Verhältnis zum I.C.U./I.V.M.
     
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