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Neutraler Maßstab für Werte und Leistungen
Die Probleme der Weltwirtschaft hängen u.a. damit zusammen, dass die Maßstäbe für Waren und Leistungen – die Währungen – selbst Waren sind. Sowohl die sich aus der Weltwährungsfunktion des Dollars ergebenden Probleme als auch die in der Eurozone herrschenden Ungleichgewichte könnten entschärft werden, wenn auch für Waren und Leistungen ein wertneutraler Maßstab entwickelt würde.
Geld ist ein Maßstab, mit dem der Wert von Produkten und Leistungen gemessen wird. Geld ist selbst aber auch eine Ware, denn die Währungen der Länder dieser Erde werden ständig unterschiedlich nachgefragt und bewertet. Zudem verlieren sie in unterschiedlicher Geschwindigkeit durch Inflation an Wert, je nachdem, was die Regierungen für die Stabilität der Landeswährung tun. In jedem Fall ist der Maßstab für Werte von Produkten und Leistungen variabel, wie es früher z.B. auch für Längenmaße galt, ehe das metrische System eingeführt wurde. Eine Elle war bei einem großgewachsenen Schneider etwas anderes als bei einem Kleinwüchsigen.
Dadurch dass Währungen genauso behandelt werden wie Waren und die Nachfrage ihren Preis beeinflusst, sind sie als Maßstäbe für den Wert von Waren und Leistungen ungeeignet, denn deren nominale Werte schwanken aufgrund von zwei Arten von Ursachen: Zum einen, weil der Warenwert entsprechend des Verhältnisses von Angebot und Nachfrage schwankt; zum anderen weil das Maß schwankt, mit dem der Wert gemessen wird, weswegen das Messen natürlich nicht gut funktioniert. Ein Maß darf keine Ware, sondern muss beständig sein und immer wieder geeicht werden, um zuverlässige Messungen zu ermöglichen. Daher muss versucht werden, die Messfunktion von Geld von der Warenfunktion zu trennen.
Wie könnte das gehen? Wie könnte der Warenwert relativ gerecht festgelegt werden?
Es geht bei der Sache nicht zuletzt darum, Spekulanten zu entmachten. Wenn man weltweit eine feste Wertskala für Waren hätte, könnte dadurch ein gerechterer Ausgleich zwischen reichen und armen Ländern erreicht werden. Nur wie sollen die Preise ermittelt werden? Man kann das nicht dem Markt überlassen, denn die Nachfrager sitzen überwiegend in den reichen Ländern und die Bieter und Lieferanten in den armen, weswegen Preise zurzeit nicht zuletzt eine Machtfrage sind. China kann die Preise erhöhen, weil es relativ autark ist, die armen Drittweltländer sind es nicht.
Ich denke, es müsste mit Verrechnungseinheiten gearbeitet werden, die nicht vor allem marktabhängig sind, oder wenn doch, dann auf einem globalen, durch internationale Gremien kontrollierten Markt. Die Grundidee für so eine Verrechnungseinheit nenne ich “International Currency Unit“, kurz I.C.U. (à la ECU) oder auch “International Value Measure“. Aufgabe des I.C.U. oder I.V.M. wäre es, die Schwankungen einzelner Währungen bei der Bewertung von Waren und Leistungen durch Algorithmen auszugleichen, die aus den Kursen vieler Währungen einen vergleichsweise stabilen I.C.U./I.V.M.-Kurs errechnen.
Rechnungen im internationalen Handel und die Aktienkurse international tätiger Unternehmen sollten also nicht mehr nur in Euro, Dollar, Britischen Pfund oder Schweizer Franken ausgestellt werden, um nur die wichtigsten Währungen zu nennen, sondern auch in I.C.U./I.V.M. Unsicherheiten durch Schwankungen der Kurse obengenannter, aber auch weniger bedeutender, in die Berechnung des I.C.U./I.V.M. eingehender Währungen könnten dadurch nahezu völlig ausgeglichen werden. Bezahlt werden die Rechnungen jedoch nach wie vor in einer realen Währung in deren Verhältnis zum I.C.U./I.V.M.