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goetheexpose.html 29.04.2017

Inform Verlag

 

Die Leiden des jungen Goethe - Charakter und Werk

 von Helmar Kloss


EXPOSÉ

     Der Titel des Buches “Die Leiden des jungen Goethe” entspricht dem von Goethes erstem Roman: “Die Leiden des jungen Werther”, der zuerst 1774 erschienen ist, und es geht darum, herauszufinden, inwieweit der Roman auf Problemen beruht, die der junge Goethe hatte, welche Probleme das waren und wo sie herrührten. Die Darstellung beschränkt sich imwesentlichen auf die Zeit vor Goethes Übersiedlung nach Weimar im Jahre 1775.

     Allerdings geht es nicht allein um die Person Goethe und einige seiner vor Weimar entstandenen Werke, sondern darüberhinaus darum, eines der bestdokumentierten Leben - womöglich das bestdokumentierte - als eine Art Fallstudie für psychologische Zwecke zu verwenden. Das Beispiel Goethe dient dazu, Umstände und Mechanismen aufzuzeigen, durch die menschliche Persönlichkeiten geprägt werden. Diese Prägung erfolgt nämlich in einer Weise, die noch immer ignoriert wird, es sei denn, es ist zu einer kleineren oder größeren Katastrophe gekommen, für die die üblichen “Erklärungen” offensichtlich nicht ausreichen.

     Das Anliegen des Autors ist also weder biographischer noch literaturwissenschaftlich-germanistischer Natur. Vielmehr geht es ihm um ein Charakterbild, und das kann kaum gelingen, wenn es nicht die Situation in der Herkunftsfamilie der zu verstehenden Person berücksichtigt. Die Beziehungen zu den Bezugspersonen in früher Kindheit bilden den Schlüssel zum Charakter eines Menschen. Ohne eine Vorstellung von diesen Personen und ihren Beziehungen untereinander bliebe Goethes Charakter unverständlich.

     Daher behandelt der erste Teil der Untersuchung die Mitglieder von Goethes Herkunftsfamilie, seine Eltern, seine Schwester Cornelia und den bereits im Alter von sechs Jahren verstorbenen Bruder Jakob. Für die Eltern und die Schwester werden Charakteranalysen geliefert. Über Jakob ist leider zuwenig bekannt, um ähnlich vorzugehen; trotzdem spielt er eine wichtige Rolle in der Darstellung von Goethes Kindheit und Jugend.

     Im zweiten Teil geht es zunächst um Goethes ”Werther”-Roman. Der Charakter des Protagonisten Werther wird untersucht, als handele es sich um eine reale Person. Im Anschluß daran werden die Frauenbeziehungen des jungen Goethe erörtert. Zunächst die Beziehungen zu Frau­en, die er vor Erscheinen des “Werther” hatte, um herauszufinden, welche Erfahrungen im Romangeschehen gestaltet wurden; sodann zwei weitere, die er vor der Übersiedlung nach Weimar gehabt hat. Daran anschließend wird die Darstellung der “Werther”-Entstehung in "Dichtung und Wahrheit" untersucht, wobei die Konfrontation dieser Darstellung mit den zuvor erörterten Berichten und Zeugnissen aus Goethes Jugend zumteil überraschende und sowohl psychologisch als auch literaturwissenschaftlich interessante Ergebnisse hat. Schließlich wird ein Versuch unternommen, aufgrund dieses Materials Goethes wichtigste Charakterzüge herauszuarbeiten. Und da soziale Verhältnisse sowohl als Ursachen wie als Folgen eine Rolle spielen, ist das Ergebnis auch soziologisch interessant.

     Im dritten und letzten Teil folgt als eine Art Test für die Richtigkeit der im Voraufgehenden erarbeiteten Auffassung die Untersuchung einiger anderer Frühwerke mit zumteil ebenfalls überraschenden und die erhoffte Bestätigung liefernden Resultaten, ehe Goethes Beziehungen zu Eltern und Schwester neu bewertet werden. Abschließend wird für drei der betroffenen Disziplinen – Literaturwissenschaft, Psychologie und Soziologie – jeweils ein Fazit gezogen.

     Der Anhang enthält ein Inhaltsverzeichnis aller den “Werther” bildenden Briefe, eine Zeittafel mit den für die Darstellung wichtigsten Ereignissen, zahlreiche Anmerkungen, Angaben zur verwendeten und gesichteten Literatur sowie einen 1368 Einträge umfassenden Index.

     Um dem Leser die Möglichkeit zu geben, die Zitate aus "Dichtung und Wahrheit" nach­zu­le­sen, hat der Verlag Goethes Lebenserinnerungen in der Seiteneinteilung der vom Autor ver­wen­deten Ausgabe im Internet bereitgestellt; siehe: